Die kleine Palesa
„Gehen Geburten in Zimbabwe immer so schnell?“, fragte ich mich. Nein, der Unterschied zu einer europäischen Klinik ist nur, dass bei uns Frauen meist bei Beginn der regelmässigen Wehentätigkeit ein Spital aufsuchen. In Zimbabwe werden Frauen erst in das Gebärzimmer gelassen, wenn der Kopf beinahe sichtbar ist. Oft werden drei Betten parallel gebraucht. Die Frauen sind tapfer und gebären meist ganz ruhig und für sich alleine. Die Hebamme hilft dort, wo es sie am ehesten braucht.
Oft kommen die Frauen ohne ihr Krankenheft. Niemand weiss, woher sie gerade kommen und wo sie ihr Weg nach der Geburt mit dem Neugeborenen weiterführt.
Die Müttersterblichkeit liegt in Zimbabwe sogar über dem afrikanischen Durchschnitt. Bei 100‘000 Frauen sterben 790 Frauen, die meisten während oder kurz nach der Geburt. Nicht nur der Tod, sondern auch andere erschütternden Geschichten führen dazu, dass manchmal Kinder direkt vom Spital ins Waisenhaus gebracht werden.
Palesas Mutter kam mit ihrer Schwester. Die Schwester dieser zierlichen Frau erzählte der Hebamme kurz, dass die Schwangere taubstumm wäre. Die Schwangerschaft sei ungewollt und durch eine Vergewaltigung zustande gekommen.
Das kleine Wesen lag zwei Tage lang nach der Geburt in einer Spitaldecke eingewickelt neben seiner Mutter. Am dritten Tag lag das Neugeborene alleine da. Sieben weitere Tage pflegten die Hebammen das kleine Mädchen auf der Station, ohne die Mutter wieder zu sehen. Die geschöppelte Milch liess sie gut gedeihen. Mehrmals am Tag nahm ich die Kleine auf den Arm und lief mit ihr durch die Station. Endlich war es soweit und wir durften die kleine Palesa mit ins Waisenhaus nehmen. Die Waisenhausmütter kümmerten sich herzlichst um sie und die Kinder freuten sich über ihre neue Schwester.
Natascha Suter
Eingetragen am 01.08.2013 von Natascha Suter